Pharaoe's Call

Donnerstag, den 1. 4. 1999

 Zehnte Ausgabe
- Seite 5 -

 

Die Wüste blüht

(Ursula und Peter Frank, Cairo) Um unsere Hobbies gibt es ja viele Gerüchte und ganz gravierende Missverständnisse. Die meisten Leute glauben, dass Peters Hobby Computerhard und -software seien. Der Eindruck kann auch entstehen unter anderem deshalb, weil Peter viel Zeit am Computer verbringt und viele Leute mit ihren Sorgen und Nöten zu ihm kommen wenn ihr Computer nicht mehr richtig funktioniert. Ein Hobby ist das aber deshalb noch lange nicht.
Unsere wirklichen Hobbies sind Reisen und photographieren. Bei der Photographiererei sind es vor allem Pflanzen, die es Peter angetan haben, aber auch Landschaften und Gesichter aus den verschiedensten Gegenden der Erde.
Weil hier Winter war und es im Winter manchmal regnet, haben die Pflanzen in der Wüste diese Zeit als Hauptvegetationsperiode. In dieser Zeit blühen sie, bilden ihre Samen und vertrocknen dann wieder oder ruhen bis zum nächsten Regen. Die Pflanzen der Wüste sehen auch ganz anders aus als in gemäßigteren Zonen. Zum einen sind sie kleiner. Zum anderen besitzen sie viel weniger Blattfläche um die Verdunstung einzuschränken. Zum Teil sind auch bei Büschen die Stengel grün um die Photosynthese zu ermöglichen. Blätter sind oft mit einer Wachsschicht überzogen, manchmal sind die Blätter nicht flächig sondern nur kleine dickfleischige 'Knubbelchen'. Die Wurzeln auch kleiner Pflanzen erstrecken sich knapp unter der Oberfläche über viele Quadratmeter. So kann Wasser beim spärlichen Regen aufgesammelt werden. Eine Ausnahme bilden hier die Palmen, die lange Pfahlwurzeln bis in tiefe Grundwasserschichten ausbilden.
Beim Wüstengottesdienst lernten wir eine ehemalige Biologielehrerin kennen, die uns anbot, eine Exkursion in die Wüste zu machen. Da konnten wir nicht nein sagen.

Diese Frau kannte wirklich jede Pflanze und sie erzählte zu fast jeder dieser Pflanzen ein Geschichtchen.
Wir machten uns also auf ins Waadi Digla, dem Trockental in der Maadi-Wüste, an dessen Ausgang zum Nil Maadi liegt. Die Landschaft hier ist recht vielgestaltig. 
Den Grund bildet eine Sand-Stein-Wüste, im oberen Teil gibt es bizarre Felsformationen, die durch die Temperaturwechsel zwischen Tag und Nacht, durch den Wind (mit Sand) und durch manchmal durchfließendes Wasser entstanden sind.
Etwa die Hälfte aller Pflanzen im Waadi Digla sind Büsche mit graugrün bereiften Ästen und langen Dornen. Diese Dornen gaben dem Busch auch den Namen Kameldorn (Zilla spinosa). Er blüht hellblau mit kleinen Kreuzblüten. Wenn der Busch abgestorben ist, dann verliert er den Halt zum Untergrund und wird vom Wind durch die Wüste gerollt. Diese Rollbüsche haben oft einen Durchmesser von bis zu 1 m und es ist nicht anzuraten über sie wegzufahren. Die Dornen sind so hart, dass sie sich durch die Reifen bohren können, was speziell in der Wüste nicht gerade günstig ist, denn es gibt hier keinen ADAC oder ähnliches.
Am zweithäufigsten gedeiht hier das Rundblättrige Jochkraut (Zygophyllum coccineum).
 Diese Pflanze besitzt keine Blätter, sondern statt dessen immer zwei gegenüberstehende Knubbel, die aussehen wie eine kleine Knackwurst. Ein Knubbel allein ist eine Frucht. Diese Frucht hat kümmelartige Samen und platzt in Trockenzeiten auf. Die Früchte wurden früher von den Beduinenkindern so wie heute Kaugummi gekaut. 
Die Pflanze besitzt  bemerkenswerte Anpassungen an die Trockenheit. Einerseits hat sie einen etwa 3-fachen Kochsalzgehalt wie das stark versalzte Bodenwasser. 
Deshalb kann sie auch bei geringer Feuchtigkeit über die Wurzeln und auch aus dem Tau durch die Spaltöffnungen der 'Knubbel' Wasser aufnehmen. Dieses Wasser wird im Pflanzenkörper gespeichert (die Pflanze besteht zu 80% aus Speicherwasser). Eine weitere Anpassung an die extreme Trockenheit ist die Möglichkeit nachts Kohlendioxid aufzunehmen, als Apfelsäure zu speichern und am Tag mit geschlossenen Spaltöffnungen Photosynthese betreiben zu können. Aus diese Weise wird der Flüssigkeitsverlust durch diese Öffnungen stark verringert.
An vielen Stellen wachsen Tamarisken. Ist Wasser vorhanden, wie hier in der Nähe einer Fabrik (Abwasser), dann blüht sie über und über mit kleinen weißen Blütchen. Hier handelt es sich um eine Niltamariske (Tamarix nilotica). Sie kann bis zu 8 m hoch werden. 
Diese drei Gewächse sind die am weitesten verbreiteten Holzgewächse im Waadi Digla und auch in der Cairo umgebenden Wüste.

 
 
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