Pharaoe's Call

Donnerstag, den 1. 4. 1999

 Zehnte Ausgabe

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Das koptische Viertel in Kairo


(Peter Frank, Kairo) Eine U-Bahn-Station auf der Strecke von Maadi nach Cairo Tahir heißt Mar Girgis. Girgis ist der koptische Name für Georg. An einem Nachmittag machten wir uns auf in dieses Stadtviertel, das koptische Viertel zu besuchen.
In Deutschland gibt es meines Wissens keine oder nur wenige koptische Gemeinden. Die Religion der Kopten ist christlich, eine Unterabteilung der orthodoxen christlichen Religionen. Da ich annehme, dass ihr über die Kopten wenig wisst, möchte ich zuerst ein wenig über diese Religion berichten.
Die koptische Kirche ist die christliche Nationalkirche Ägyptens und ist im 5.Jh. (seit dem Jahre 567 hat sie eigene Patriarchen) nach Ablehnung der Beschlüsse des Konzils von Chalkedon  entstanden. Sie führt ihre Tradition auf den Evangelisten Markus zurück und beansprucht, die wahrhaft orthodoxe Kirche Ägyptens zu sein. Oberhaupt der rund 6 Mio. Mitglieder ist der »Papst von Alexandria und Patriarch des Stuhles von Sankt Markus« mit Sitz in Kairo. Die liturgischen Sprachen sind Koptisch und Arabisch;
Ausbildungsstätte ist die theolog. Hochschule bei Kairo. Das Koptische ist die im 3.Jh. entstandene Schriftsprache der Kopten, geschrieben mit griechischem Alphabet.  Die koptische Sprache wurde im Mittelalter vom Arabischen verdrängt, hat aber als Kirchensprache bis in die Gegenwart Bedeutung. Die koptische Literatur besteht vor allem in Übersetzungen religiösen Schrifttums; bekannt ist besonders der Handschriftenfund von Nag Hammadi aus dem 4.Jahrhundert.
Die Anhänger der von der alexandrinischen  Theologenschule (Kyrill von Alexandria) begründeten christologischen Auffassung (Monophysitismus), nach der es in Jesus Christus nicht zwei Naturen (eine göttliche und eine menschliche) gegeben habe,
 sondern nur die eine (göttliche) des Fleisch gewordenen Logos.  Nach ihrer Verurteilung auf dem  4.ökumenischen Konzil (Chalkedon 451) spalteten sich die Monophysiten von der Reichskirche ab und bildeten eigene Kirchen: die armenische Kirche, die äthiopische Kirche, die Jakobiten und die koptische Kirche. 
Logos ist ein Begriff aus der griechischen Philosophie (Heraklit). Der Begriff wird verwendet im Sinne eines durch die Vernunft bestimmten Denkens und Sprechens in Abhebung zu »Mythos«, »Meinung« (doxa) und »Wahrnehmung«, insofern gilt, dass diese hinreichender Vernunftgründe ermangeln. 
Für Heraklit wie die Stoiker ist der Logos die das Weltall durchwaltende göttliche Vernunft, das immanente Prinzip kosmischen Werdens und die alles Weltgeschehen durchwirkende Gesetzmäßigkeit und Norm. 
In der jüdisch-alexandrinischen Religionsphilosophie (Philon von Alexandria) ist Logos das Schöpferwort, durch das Gott die Welt erschaffen hat (1. Mose 1), als Schöpfungsmittler (»Weisheit Gottes«) das sie ordnende und gestaltende göttliche Prinzip; in der christlichen Theologie (auf Joh. 1,114 zurückgehend) das präexistente »Wort« Gottes, das in Jesus Christus »Fleisch« (Mensch) geworden ist, um den Menschen das Heil zu vermitteln.
Die koptische Kunst ist die Kunst der christl. Nachkommen der Ägypter des Altertums, die hellenistisch-römische, byzantinische, syrische und arabische Einflüsse aufnahm, seit dem 5.Jh. eine eigene Formensprache ausbildete und bis ins 9.Jh. eine Blütezeit erlebte. Sie beeinflusste die Kunst im christlichen Nubien und Äthiopien, auch die frühe irische und die merowingische Kunst. Die Kirchenbauten wurden meist mit Kuppeln überwölbt, beliebt war die Dreikonchenanlage. Bedeutende Baukunst der Frühzeit sind die Basiliken von Deir al-Abiad (5.Jh.) und von Abu Mena, (6.Jh.). Die in Klosterkirchen zum Teil erhaltenen Wandmalereien, die Bauplastik, Textilarbeiten, Grabsteinreliefs, Elfenbein- und Holzschnitzereien neigen zu ornamentaler, flächenhaft linearer Gestaltung mit teilweise antik-mythischem Gehalt. Später enthielten sie auch auch christliche Thematik. Im Gegensatz zur arabischen Kunst werden auch Tiere und Menschen dargestellt. Immer wiederkehrende Motive sind die Weintraube, der Pfau und natürlich der Apostel Markus.
Zur Situation der Kopten in Ägypten. Die Koptische Kirche befindet sich in Ägypten in der Diaspora. Kopten sind hier vielen Einschränkungen ausgesetzt. Natürlich gibt es keine Berufsverbote für Kopten, jedoch werden keine Kopten in die ägyptische Armee aufgnommen, da nicht erwartet wird, dass Nichtmuslime den muslimischen Staat mit vollem Einsatz verteidigen können. Die Bescheinigung in der Armee gedient zu haben ist jedoch Vorraussetzung für eine Stelle in der öffentlichen Verwaltung und für viele andere Berufe. Deshalb wichen die Kopten (wie früher die Juden in Europa) auf  Nischen aus, wie zum Beispiel die Müllsammlung, die Müllsortierung und den Verkauf des sortierten noch brauchbaren Mülls (Im Gegensatz zu Deutschland gibt es hier echtes Recycling, die Quote liegt bei etwa 85%). Am anderen Ende der sozialen Skala stehen sehr erfolgreiche Händler und Freiberufler.
Koptische Kinder besuchen entweder gar keine Schulen (wie die der Zabaleen (Müllsammler)) oder die besten Schulen. Dort schneiden sie auch überdurchschnittlich gut ab, da sie sehr ehrgeizig sind und das Elternhaus ihre Bemühungen fördert und aktiv unterstützt.. Viele Ärzte, Zahnärzte und frei arbeitende Ingenieure, Softwarespezialisten und ähnliche hochqualifizierte Beruf sind mit Kopten besetzt. Da die Kopten in der Regel auch geschäftlich sehr erfolgreich sind erzeugt dies eine gewisse Form von Neid. Fundamentalistische islamische Gruppierungen nutzten dies in der Vergangenheit bei ihrer Klientel (mit geringem Bildungsniveau) oft aus. Deshalb kam es wiederholt zu Pogromen und zur Schändung koptischer Kirchen und Einrichtungen. Der prozentuale Anteil der Kopten in der ägyptischen Bevölkerung nimmt zur Zeit ab. Dies und die Diasporasituation führen zu einem überaus festen Gemeinschaftsgefühl und zu starkem Zusammenhalt.
Das war jetzt ein großer Infoteil, ich hoffe, ich habe euch nicht zu sehr gelangweilt. Um an diese Informationen zu kommen musste ich mehrere Quellen 'recherchieren', schließlich soll das Ganze ja Hand und Fuß haben. Ich finde jedoch, dass die zweite große Religionsgemeinschaft in Ägypten auch einmal erwähnt werden sollte, da viele Spannungen in der Gesellschaft hier ihre Wurzel haben.
Da sie zur Zeit renoviert wird, musste ich auf eine etwas ältere Photographie zurückgreifen.
Schon am Eingang empfing uns ein junger Mann, der uns fragte, welche Sprache wir sprechen und uns zu den Gottesdiensten einlud, die selbstverständlich allen christlichen Gläubigen offenstehen (schließlich glauben wir ja alle an den einn Gott). Er zeigte uns die Kirche, war sehr gebildet und er verlangte am Ende nicht das hier übliche Bakshsish, das wäre unter seiner Würde. Wir spendeten dann einen Obulus für die koptische Gemeinde, der ungekürzt den Armen der Gemeinde zugute kommen sollte.
Einlegearbeiten benutzt. So gibt es eine Tür, aus der auch das Deteil stammt, hinter der Kerzen angezündet wurden. Das Bein lässt das Licht durch und die Ornamente kommen in der dunklen Kirche so strahlend zur Geltung. In der Mitte des Sterns ist gut das koptische Kreuz zu erkennen, das an seinen Armen wieder Kreuze hat. Insgesamt war die Kirche sehr kunstvoll und auch wirklich schön, was von der Kunstfertigkeit der beim Bau tätigen Leute zeugte. Von dieser Kunstfertigkeit konnten wir uns auch im koptischen Museum nebenan überzeugen, das neben sakralen Gegenständen auch solche des Altagslebens enthält. Obwohl das Museum alt ist, sind alle Exponate in arabisch, koptisch, englisch und französich beschriftet. Da manche der Gegenstände lichtempfindlich sind gibt es in jedem Raum einen Angestellten, der immer dort wo man gerade steht das Licht der Schaukästen anknipst und danach wieder löscht.

 
 
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